„Ich wurde als der faule Apfel in der Kiste behandelt“
Er geht auf die 70 zu, seine Band BAP auf die 45, gemeinsam veröffentlichen sie jetzt mit „Alles fließt“ ihr 20. Studio-Album: Zeit für eine Zeitreise. WOLFGANG NIEDECKEN über seine Sympathie für den Teufel und die Stones, wie er Gott begegnete, den sexuellen Missbrauch in seiner Jugend überwand und warum er nicht Steuerberater wurde. Das ganze Interview lesen Sie ab jetzt im neuen Playboy (10/2020)!
Der Musiker und BAP-Sänger Wolfgang Niedecken betrachtet die Anfänge seiner musikalischen Karriere auch als eine Art Therapie nach den sexuellen Missbrauchserfahrungen in seiner Jugend. „Bei uns im Internat haben das die einzelnen Betroffenen unterschiedlich verarbeitet. Es war eine Frage des Typs. Eines von den Opfern hatte sein ganzes Leben damit zu tun, und vor nicht mal zehn Jahren hat er sich umgebracht“, berichtet der 69-Jährige in einem aktuellen Interview dem Playboy.
Niedecken war mit 13 Jahren im Internat des Konvikts St. Albert in Rheinbach von einem katholischen Pater geschlagen und missbraucht worden und ist im Unterschied zu genanntem Mitschüler nicht an dieser Erfahrung zerbrochen. Dass er das Geschehene besser verarbeiten konnte, erklärt Niedecken in dem Interview mit den Worten: „Wim Wenders hat mal gesagt, Musikboxen sind Lebensrettungsmaschinen. Und da ist was dran. Denn nicht viel später nach diesen Geschehnissen ging das mit der Musik los.“
Aber auch eigene gesunde sexuelle Erfahrungen hätten ihm bei der Verarbeitung geholfen, so Niedecken: „Außerdem hatte ich relativ früh eine Freundin, die mir über diese sexuellen Wirrungen hervorragend hinweggeholfen hat. Es waren eher die psychischen Wirkungen des Geprügeltwerdens, die ich längere Zeit noch gespürt habe. Aber dass der Typ mir in die Hose gegriffen hat – sagen wir es so: Erfreulicherweise wurde mir später noch in netterer Form in die Hose gegriffen. Ich würde nicht von mir behaupten, dass ich in irgendeiner Weise verklemmt bin. Irgendwie ist es gut gegangen.“
ür seine musikalische Karriere, die Niedecken mit seiner Band BAP in rund 45 Jahren bereits vielfach gekrönt hat – neben zahlreichen Auszeichnungen unter anderem durchs Knacken des Beatles-Rekords mit dem Album „Live und deutlich“ 2018 als seinem zwölften Nummer-1-Album in Deutschland –, hat der Kölschrocker noch einen besonderen Wunsch: „Ich fände es beispielsweise super, wenn die Stones kämen und mich auffordern würden, mal ,Sympathy For The Devil‘ mit ihnen zu spielen“, sagte er dem Playboy. „Ich habe auch Keith Richards und Mick Jagger mal kennengelernt. Aber ich würde nie auf die Idee kommen, mit so einem Ansinnen zu den Stones gehen. Das wäre albern. Aber es geht ja nur um Träume. Also träume ich einfach davon, dass mich Keith oder Mick fragen würden: Willst du mal eine Nummer für uns singen? Und dann würde ich sagen ,Sympathy For The Devil‘.“ Dieser Song hatte nach Niedeckens Darstellung bereits Einfluss auf seine einstige schulische Laufbahn: „Auf dem Gymnasium Ende der 60er-Jahre musste ich eine Klassenarbeit zu dem Thema schreiben: ,Welches Gedicht hat Sie am meisten beeinflusst?‘ Wir hatten mit unserer Band gerade ,Sympathy For The Devil‘ geprobt, also habe ich den Text hingeschrieben, ihn übersetzt und interpretiert. Das hat mir letztlich auf dem Gymnasium den Hals gebrochen. Von da an wurde ich als subversives Element behandelt, als der faule Apfel in der Kiste.“
Das neue Album von Wolfgang Niedecken mit BAP, „Alles fließt“, erschien am 18. September.
Das ganze Interview lesen Sie in der Oktober-Ausgabe des PLAYBOY.
Autor: Playboy Redaktion